Wie ist das eigentlich mit dem Solidaritätszuschlag?

Wie ist das eigentlich mit dem Solidaritätszuschlag?

Jeder, der in Deutschland Einkommen-, Abgeltungs- oder Kapitalertragsteuer bezahlt, zahlt grundsätzlich auch den Solidaritätszuschlag. Der Solidaritätszuschlag, kurz Soli, berechnet sich nämlich nach der fälligen Steuer und kommt dann als Ergänzung noch obendrauf.

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Und viele gehen davon aus, dass der Soli verwendet wird, um die neuen Bundesländer finanziell zu unterstützen und den Aufbau Ost voranzubringen.

Doch das ist so nicht ganz richtig. Also: Wie ist das eigentlich mit dem Solidaritätszuschlag? Wofür wird er erhoben? Und wie hoch fällt er überhaupt aus?

 

Den Soli gibt es seit 1991

Der Solidaritätszuschlag wurde erstmals im Jahr 1991 eingeführt. Seinerzeit war er auf ein Jahr befristet und sollte dabei helfen, kurzfristige Zusatzausgaben zu finanzieren. In erster Linie ging es dabei um die Beteiligung an den Kosten vom zweiten Golfkrieg und um die Förderung von mittel- und osteuropäischen Staaten. Damals belief sich der Soli auf 7,5 Prozent der Einkommensteuer.

Solidaritätszuschlag Ostdeutschland

Zwischen 1992 und 1994 wurde kein Soli erhoben. Doch 1995 wurde die Abgabe wieder eingeführt – und dieses Mal zeitlich unbefristet. Als Grund für die Wiedereinführung wurden die dauerhaften Lasten genannt, die die Wiedervereinigung Deutschlands mit sich brachte. Seitdem bittet der Fiskus jeden einkommensteuerpflichtigen Steuerzahler zur Kasse. Das gilt unabhängig davon, ob der Steuerzahler in den alten oder den neuen Bundesländern wohnt und arbeitet. Und auch bei Ausländern, die in Deutschland Steuern zahlen, wird der Soli erhoben.

Im Jahr 2016 nahm der Bund durch den Solidaritätszuschlag rund 13 Milliarden Euro ein. Diese Einnahmen stehen dem Bund alleine zu und er kann das Geld verwenden, wie und wofür er möchte. Denn wie alle Abgaben ist auch der Soli nicht zweckgebunden. Vielmehr dient er der Staatsfinanzierung im Allgemeinen. Folglich kann der Bund die Einnahmen dort einsetzen, wo ein Finanzierungsbedarf besteht. Damit kann der Soli zwar in den Aufbau Ost fließen, genauso gut aber auch für andere Zwecke verwendet werden.

 

Der Soli wird auf die Einkommensteuer erhoben

Die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag ist die Einkommensteuer, die der Steuerpflichtige dem Fiskus schuldet. Bei juristischen Personen wie Kapitalgesellschaften und Vereinen wird der Soli auf die Körperschaftssteuer erhoben. Von der fälligen Einkommen- oder Kapitalertragsteuer werden 5,5 Prozent ermittelt. Dieser Betrag entspricht dem Soli, den der Steuerpflichtige zusätzlich bezahlen muss.

 

Ein Beispiel:

Angenommen, ein Arbeitnehmer ist ledig und hat keine Kinder. Er ist gesetzlich krankenversichert, der Zusatzbeitrag seiner Krankenkasse beträgt 1 Prozent. Der Arbeitnehmer gehört keiner Religionsgemeinschaft an und zahlt deshalb auch keine Kirchensteuer. Sein monatliches Bruttoeinkommen beläuft sich auf 2.000 Euro. Aus diesen Eckdaten ergibt sich, dass sein Arbeitgeber im Jahr 2018 jeden Monat 185,08 Euro als Lohnsteuer ans Finanzamt abführt.

Mit dem Soli ist es nun so: Der Solidaritätszuschlag beträgt 5,5 Prozent der fälligen Lohnsteuer. Bei unserem Arbeitnehmer macht das 10,17 Euro (5,5 Prozent von 185,08 Euro). Diese gut 10 Euro führt der Arbeitgeber zusätzlich zur Lohnsteuer ans Finanzamt ab. Der Arbeitnehmer bezahlt damit jeden Monat 195,25 Euro an Steuern.

 

Geringverdiener zahlen weniger

Einkommensteuer wird grundsätzlich erst dann erhoben, wenn das Einkommen den Grundfreibetrag übersteigt. Verdient jemand so wenig, dass er unter dem Grundfreibetrag bleibt, muss er keine Einkommensteuer bezahlen. Damit wird auch kein Soli fällig. Geringverdiener werden ebenfalls entlastet. Und hierbei gibt es folgende Regelungen:

  • Beläuft sich die fällige Einkommensteuer auf höchstens 972 Euro, wird kein Soli erhoben.
  • Ab einer Einkommensteuerschuld von 973 Euro wird der Soli zwar fällig. Der Beitragssatz steigt hier aber schrittweise an.
  • Erst wenn die fällige Einkommensteuer die Marke von 1.340 Euro übersteigt, muss der Steuerpflichtige den Soli in voller Höhe von 5,5 Prozent der Einkommensteuer bezahlen.
  • Bei Ehepaaren, die zusammen veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge jeweils. Ehepaare müssen somit bis zu einer jährlichen Einkommensteuer von 1.944 Euro keinen Soli und ab einer jährlichen Einkommensteuer von 1.946 Euro den Soli mit ermäßigtem Satz bezahlen. Ab einer Einkommensteuer von 2.680 Euro wird dann der volle Solidaritätszuschlag fällig.
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Auch hierzu ein Beispiel:

Angenommen, unser Arbeitnehmer aus dem obigen Beispiel wechselt von seiner Vollzeitstelle in eine Teilzeitbeschäftigung. Sein monatliches Bruttoeinkommen reduziert sich dadurch auf 1.400 Euro. Damit sinkt die monatliche Lohnsteuer auf 55,16 Euro. Aufs ganze Jahr gerechnet, macht die Lohnsteuer 661,92 Euro aus. Da der Arbeitnehmer damit unter der Marke von 972 Euro bleibt, muss er keinen Soli bezahlen.

Würde der Arbeitnehmer hingegen monatlich 1.550 Euro verdienen, müsste er jeden Monat 87,50 Euro an Lohnsteuern bezahlen. Gleichzeitig wäre dann auch der Soli fällig. Weil die jährliche Steuerlast mit 1.050 Euro aber unter dem Betrag für den vollen Soli bleibt, wäre ein ermäßigter Steuersatz fällig. Bei unserem Arbeitnehmer wäre das ein Soli von 1,30 Euro monatlich. Und ab einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.660 Euro müsste der Arbeitnehmer den Soli in voller Höhe bezahlen.

Tipp:

Wer ausrechnen möchte, wie viel Lohnsteuer und in welcher Höhe der Solidaritätszuschlag in seinem Fall fällig wird, kann den Steuerrechner des Bundesfinanzministeriums nutzen. Hier können die Berechnungen einfach und kostenfrei durchgeführt werden.

 

Der Kinderfreibetrag senkt den Soli

Kinderfreibeträge werden auf den Solidaritätszuschlag angerechnet. Da durch einen Kinderfreibetrag die Bemessungsgrundlage sinkt, fällt auch der Solidaritätszuschlag geringer aus.

Eltern können darauf hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht in ihrem Sinne entscheidet. Ausgangspunkt ist ein Verfahren, dass das Finanzgericht Niedersachsen eingeleitet hat. Das niedersächsische Finanzgericht vertritt nämlich die Auffassung, dass der Kinderfreibetrag nicht nur zu niedrig ist, sondern zusätzlich dazu auch falsch berechnet wird.

Das soll mindestens seit 2014 der Fall sein (Az. 7 K 83/16, Beschluss vom 2.12.2016). Ob das tatsächlich so ist, müssen die Verfassungsrichter klären. Steuerzahler, die einen Kinderfreibetrag geltend machen können, würden jedenfalls von einem positiven Ausgang des Verfahrens profitieren. Sie könnten dann von einer entsprechenden Steuererstattung ausgehen.

 

Der Soli wird unter Vorbehalt eingezogen

Schaut sich der Steuerzahler seinen Einkommensteuerbescheid an, wird er feststellen, dass der Soli auf der Vorderseite als eigene Rubrik aufgeführt ist. Ähnlich wie die Einkommensteuer und die Kirchensteuer hat er eine eigene Spalte. In den Erläuterungen zum Bescheid wiederum taucht ein Vorläufigkeitsvermerk auf.

Aus diesem Vermerk ergibt sich, dass das Finanzamt den Solidaritätszuschlag vorbehaltlich dessen einzieht, dass das Bundesverfassungsgericht den Soli als rechtmäßig bestätigt.

Eine erste Verfassungsbeschwerde gegen den Soli gab es schon für das Steuerjahr 2002. Diese Beschwerde war aber nicht erfolgreich. Danach folgten weitere Klagen. Der aktuelle Vorläufigkeitsvermerk bezieht sich auf eine erfolgreiche Klage vor dem Finanzgericht Niedersachen. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass der Soli in zweierlei Hinsicht verfassungswidrig ist. Demnach müsse er als Finanzierungsquelle in Notlagen zeitlich begrenzt sein. Doch eine zeitliche Befristung gibt es beim Soli nicht.

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Der zweite Punkt ist, dass der Soli gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße, der in Artikel 3 des Grundgesetzes verankert ist. Denn es gibt Sachverhalte, die trotz vergleichbarer Ausgangssituation zu unterschiedlich hohen Belastungen führen. Der Grund hierfür sind die Vorschriften, nach denen ausländische Einkünfte angerechnet werden.

Sie haben zur Folge, dass ein Arbeitnehmer, der in Deutschland lebt und arbeitet, einen höheren Solidaritätszuschlag bezahlen muss, als wenn dieser Arbeitnehmer bei sonst gleichen Rahmenbedingungen in Deutschland leben und als Grenzgänger im Ausland arbeiten würde.

Wie diese Einschätzungen zu bewerten sind, bleibt abzuwarten. Jedenfalls muss der Steuerzahler nichts unternehmen. Denn durch den Vorläufigkeitsvermerk kann er sich entspannt zurücklehnen und schauen, was bei dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (Az. 2 BvL 6/14) herauskommt.

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Bernd Schneider, - Finanzwirt, Marina Kozeck, Steuerfach-Angestellte, Joachim Kretschmann, - Finanzberater, sowie Ferya & Christian Gülcan , Unternehmer, Founder und Investoren mit ca. 30 Jahren Erfahrung in gewerblichen Steuerangelegenheiten, Redakteur/in und Betreiber/in dieser Seite, schreiben hier Wissenswertes , Ratgeber und Tipps zum Thema Steuern und Finanzen. Die Inhalte des Informationsangebots, stellen keine Finanzberatung oder Anlageberatung dar - somit ersetzen die Inhalte auch keine persönliche Beratung mit einen Finanzberater oder Steuerberater.

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