Die wichtigsten Infos zum Faktorverfahren
Im Unterschied zu Singles können Eheleute und eingetragene Lebenspartner ihre Steuerklassen auswählen und dadurch den monatlichen Lohnsteuerabzug beeinflussen. Neben den bekannten Lohnsteuerklassenkombinationen III/V und IV/IV gibt es dabei mit dem sogenannten Faktorverfahren noch eine dritte Alternative.
Aber was ist das Faktorverfahren? Wie wirkt es sich aus? Und für wen lohnt es sich?
Der folgende Ratgeber stellt die wichtigsten Infos
zum Faktorverfahren zusammen:
Inhalt
Die drei möglichen Steuerklassenkombinationen für Verheiratete
Berufstätige Ehe- und Lebenspartner, die beide unbeschränkt steuerpflichtig sind, können sich mit Blick auf den monatlichen Lohnsteuerabzug zwischen drei verschiedenen Varianten entscheiden. So besteht die Möglichkeit, dass
- ein Partner nach Steuerklasse III und der andere Partner nach Steuerklasse V besteuert wird,
- die Besteuerung beider Partner nach Steuerklasse IV erfolgt oder
- das Paar die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor wählt.
Eine günstige Kombination der Steuerklassen bietet nicht nur den Vorteil, dass vom laufenden Einkommen mehr Netto übrig bleibt. Stattdessen kann sich die Steuerklasse auch positiv auf die Höhe des Kranken-, des Arbeitslosen- und des Mutterschaftsgeldes auswirken.
Direkt nach der Eheschließung wird bei Eheleuten automatisch die Steuerklassenkombination IV/IV gebildet. Wenn die Eheleute diese Kombination nicht möchten, müssen sie beim Finanzamt einen Wechsel der Steuerklassen beantragen. Eine solche Änderung kann einmal jährlich bis spätestens zum 30. November des laufenden Jahres vorgenommen werden.
Eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften sind Ehen in Sachen Steuern inzwischen gleichgestellt. Seit November 2015 werden die Daten, die für die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale relevant sind, auch bei Lebenspartnern übermittelt.
Deshalb wird bei neu begründeten Lebenspartnerschaften seit November 2015 die Steuerklassenkombination IV/IV ebenfalls automatisch gebildet. Ist diese Kombination ungünstig oder aus anderen Gründen nicht gewünscht, muss eine Änderung beantragt werden.
Wann lohnt sich welche Steuerklassenkombination?
Welche Steuerklassenkombination am günstigsten ist, hängt in erster Linie davon ab, wie viel die Partner verdienen und wie groß die Einkommensunterschiede sind. Fallen die Löhne oder Gehälter sehr unterschiedlich aus, ist die Kombination III/V meist die beste Wahl.
Dabei entscheidet sich der Partner mit dem deutlichen höheren Einkommen für Steuerklasse III. Dadurch profitiert er beispielsweise von beiden Grundfreibeträgen.
Der Partner mit dem niedrigeren Einkommen wählt Steuerklasse V, muss dann aber sehr hohe Lohnsteuerabzüge hinnehmen. Verdienen beide Partner ungefähr gleichviel, bietet sich die Steuerklassenkombination IV/IV an. Bei dieser Variante sind die Abzüge bei beiden Partnern ungefähr gleichhoch.
Seit 2010 gibt es als dritte Möglichkeit die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor. Die Idee hinter dem sogenannten Faktorverfahren ist, die Steuerlast auf beide Ehe- oder Lebenspartner gleichmäßiger zu verteilen. Vor allem der Partner, der weniger verdient, profitiert von dem Faktor. Dies liegt daran, dass schon beim Lohnsteuerabzug das Splittingverfahren und die Freibeträge, die dem jeweiligen Partner zustehen, berücksichtigt werden. Folglich bleibt ihm mehr Netto übrig.
Hinzu kommt, dass das Faktorverfahren darauf abzielt, die jährliche Steuerschuld möglichst genau zu beziffern. Hohe Steuernachzahlungen sind deshalb nicht zu befürchten.
Andersherum stehen aber auch die Chancen auf eine nennenswerte Steuerrückerstattung durchs Finanzamt schlecht. Ob sich das Faktorverfahren für ein Paar lohnt und welche Steuerklassenkombination generell die vorteilhafteste Variante ist, kann mit dem Steuerrechner des Bundesfinanzministeriums geprüft werden.
Wie funktioniert das Faktorverfahren?
Möchten Ehe- oder Lebenspartner das Faktorverfahren nutzen, müssen sie einen entsprechenden Antrag beim Finanzamt stellen. Ein formloses Schreiben reicht hierfür aber aus. Wichtig ist nur, dass das Paar seine voraussichtlichen Jahresarbeitslöhne angibt.
Auf Grundlage der genannten Arbeitslöhne berechnet das Finanzamt die voraussichtliche Höhe der Einkommensteuer und die Höhe der Lohnsteuer bei Steuerklasse IV/IV. Aus diesen beiden Werten wiederum wird der individuelle Faktor für das Paar errechnet.
Der Faktor ist eine Zahl mit drei Nachkommastellen und immer kleiner als 1. Ähnlich wie im Splittingverfahren werden die Lohnsteuerabzugsbeträge dann mit dem ermittelten Faktor multipliziert.
Beispielrechnung
Welche Auswirkungen das Faktorverfahren hat, lässt sich am besten anhand einer Beispielrechnung nachvollziehen. Angenommen, ein Ehepaar lebt in Baden-Württemberg und beide Partner sind sozialversicherungspflichtig tätig.
Sein Jahresgehalt beläuft sich auf 37.000 Euro brutto, sie verdient 22.000 Euro brutto. In der Steuererklärung wählen sie eine gemeinsame Veranlagung. Aus diesen beiden Jahreseinkommen ergeben sich folgende Werte:
voraussichtliche Einkommenssteuer beider Ehepartner | 7.474 € |
Summe der ermittelten Lohnsteuer beider Ehepartner
(bei Steuerklasse IV/IV und ohne Faktor) |
7.663 € |
daraus ermittelter Faktor | 0,975 |
Werden nun die verschiedenen Steuerklassenkombinationen miteinander verglichen, führt dies zu folgendem Ergebnis:
Steuerklassenkombination | Lohnsteuer zusammen | davon Ehemann | davon Ehefrau | Differenz zur Einkommensteuer |
III / V | 7.306 € | 2.728 € | 4.578 € | – 168 € |
V / III | 9.659 € | 0 € | 9.659 € | 2.185 € |
IV / IV
ohne Faktor |
7.663 € | 5.696 € | 1.967 € | 189 € |
IV / IV
mit Faktor |
7.470 € | 5.553 € | 1.917 € | – 4 € |
(berechnet mit dem Steuerrechner des Bundesfinanzministeriums für 2016)
Wie aus der Beispielrechnung ersichtlich wird, ist der Lohnsteuerabzug recht genau, wenn das Faktorverfahren Anwendung findet. Das Risiko, dass größere Steuernachzahlungen geleistet werden müssen, ist deshalb sehr gering. Zudem verteilt sich die Steuerlast gleichmäßiger auf die beiden Eheleute.
Dabei können sich die Lohnsteuerabzugsmerkmale nicht nur beim monatlichen Einkommen, sondern auch dann bemerkbar machen, wenn Lohnersatzleistungen wie Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Mutterschaftsgeld in Anspruch genommen werden.
Kleiner Nachteil ist, dass die Eheleute das Faktorverfahren jedes Jahr neu beantragen müssen. Nutzen sie das Verfahren, müssen sie außerdem zwingend eine Steuererklärung abgeben.
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