Grundsteuerbescheid prüfen – ein ausführlicher Ratgeber, 3. Teil

Grundsteuerbescheid prüfen – ein ausführlicher Ratgeber, 3. Teil

Im Zuge der Grundsteuerreform waren alle Immobilienbesitzer dazu aufgefordert, eine Grundsteuererklärung abzugeben. Mit Ausnahme von Hessen folgen auf die Steuererklärung drei Bescheide zur Grundsteuer. Das Finanzamt verschickt die Bescheide über den Grundsteuerwert und den Grundsteuermessbetrag. In den meisten Bundesländern erfolgt das in einem Brief.

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Grundsteuerbescheid prüfen - ein ausführlicher Ratgeber, 3. Teil

Der eigentliche Grundsteuerbescheid, der die neue Höhe der Grundsteuer ab 2025 ausweist und zur Zahlung auffordert, kommt von der Stadt oder der Gemeinde. Er sollte irgendwann im Verlauf der zweiten Jahreshälfte von 2024 im Briefkasten liegen.

Der Immobilienbesitzer sollte die beiden ersten Bescheide sehr genau prüfen und Einspruch einlegen, wenn ihm Fehler auffallen. Denn sie bilden die Basis für die Berechnung der Grundsteuer. Unternimmt der Immobilienbesitzer nichts oder wird er zu spät aktiv, werden die Bescheide bestandskräftig.

Grundsätzlich ist zwar möglich, auch dem eigentlichen Grundsteuerbescheid noch zu widersprechen. Weil er aber auf den beiden vorhergehenden Bescheiden basiert, sind die Erfolgsaussichten sehr gering.

In einem ausführlichen Ratgeber erklären wir, wie der Immobilienbesitzer am besten vorgeht. Dabei haben wir in den beiden ersten Teilen gezeigt, wie er die Grundsteuerbescheide prüfen kann. Jetzt, im 3. und letzten Teil des Ratgebers, kümmern wir uns um den Einspruch.

Einspruch gegen den Bescheid über den Grundsteuerwert, die Äquivalenzbeträge oder den Grundsteuermessbetrag erheben

Die Frist für einen Einspruch gegen die schon ergangenen Grundsteuerbescheide beträgt einen Monat. Sie beginnt drei Tage nach dem Datum, das auf dem jeweiligen Bescheid steht. Fällt dieser Tag auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verschiebt sich der Fristbeginn auf den nächsten Werktag. Gleiches gilt für das Ende der einmonatigen Einspruchsfrist.

Beispiel:

Angenommen, der Bescheid ist auf den 10. Mai 2023 datiert. Damit würde die Frist eigentlich ab dem 13. Mai laufen. Weil das aber ein Samstag ist, verschiebt sich der Beginn der Frist auf den kommenden Montag, den 15. Mai. Ein Einspruch muss dem Finanzamt dann spätestens am 15. Juni vorliegen.

Für den Einspruch reicht ein formloses Schreiben aus. Darin sollte der Immobilienbesitzer seinen Namen, eventuell auch die Namen der Miteigentümer und seine Anschrift angeben. Außerdem sollte er das Aktenzeichen oder die Steuernummer aufführen. Diese Daten stehen ganz oben auf dem Bescheid.

In der Betreffzeile beschreibt der Immobilienbesitzer dann, wogegen genau er Einspruch einlegt, also zum Beispiel „Einspruch gegen den Bescheid über den Grundsteuerwert vom …“. Im eigentlichen Text führt der Immobilienbesitzer aus, warum er Einspruch erhebt.

Wichtig dabei ist, den Grund nachvollziehbar zu erläutern. Geht es um falsche Zahlen oder Berechnungen, sollte der Immobilienbesitzer entsprechende Belege hinzufügen. Sein Schreiben schickt der Immobilienbesitzer per Post ans zuständige Finanzamt oder wirft es selbst in den Briefkasten ein.

Reicht die Zeit für eine genaue Überprüfung nicht aus, kann der Immobilienbesitzer zunächst auch nur einen Einspruch ohne Begründung erheben, um die Frist zu wahren. Das Finanzamt wird ihn daraufhin auffordern, die Begründung innerhalb einer bestimmten Frist nachzureichen.

Ein Einspruch ist für den Immobilienbesitzer immer kostenfrei. Das Finanzamt kann den Bescheid berichtigen oder in einzelnen Punkten ändern.

Weist das Finanzamt den Einspruch zurück, müsste der Immobilienbesitzer vor dem Finanzgericht klagen. Dabei sollte er aber auf jeden Fall professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

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Wie sinnvoll ist es, generell Einspruch zu erheben?

Es gibt Experten, die grundsätzlich allen Immobilienbesitzern zu einem Einspruch raten, die ihre Immobilien in Baden-Württemberg oder einem der elf Bundesländer haben, die das Bundesmodell nutzen.

Damit gilt die Empfehlung für alle Bundesländer außer Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen. Begründet werden solle der Einspruch mit Verfassungswidrigkeit. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Finanzämter solche Einsprüche ablehnen werden.

Andere Experten raten deshalb nur dann zu einem Einspruch, wenn tatsächlich ein Fehler vorliegt. Und in den allermeisten Fällen werden die Daten und Berechnungen richtig sein, sodass kein Einspruch notwendig ist und nur zu unnötigem Papierkrieg führt.

Erste Musterklagen laufen

In Baden-Württemberg gestaltet sich die Situation ein wenig anders. Hier haben der Bund der Steuerzahler und mehrere Verbände gemeinsam mit Immobilienbesitzern bereits Ende 2022 die beiden ersten Klagen gegen den Bescheid über den Grundsteuerwert auf den Weg gebracht.

Die Musterklagen sollen grundsätzliche Fragen dazu klären, ob das neue Landesgrundsteuergesetz verfassungsmäßig ist. Dabei geht es insbesondere um die Ungenauigkeiten beim Bodenrichtwert.

Denn in Baden-Württemberg fällt der Grundsteuerwert gleich hoch aus, egal ob auf einem Grundstück mit gleicher Fläche ein kleines Einfamilienhaus, eine Luxusvilla oder ein mehrstöckiges Mehrfamilienhaus steht. Die Klagen laufen unter den Aktenzeichen 8 K 2368/22 und 8 K 2491/22 beim Finanzgericht Baden-Württemberg.

Die Verbände fordern von der Finanzverwaltung, dass Grundsteuerbescheide nur noch vorläufig erlassen werden sollen. Gleichzeitig sollten Einspruchsverfahren so lange ruhen, bis über die Musterklagen rechtskräftig entschieden wurde.

Immobilienbesitzern empfehlen die Verbände, gegen den Grundsteuerwert-Bescheid Einspruch zu erheben, sich unter Angabe des Aktenzeichens auf die beiden laufenden Gerichtsverfahren zu berufen und das Ruhen des Einspruchsverfahrens zu beantragen.

Weitere Musterverfahren sind geplant

Der Bund der Steuerzahler und der Verband Haus & Grund Deutschland hatten ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Weil dieses Gutachten zum Ergebnis kommt, dass das Bundesmodell verfassungswidrig ist, soll es zur Grundlage für weitere Musterklagen werden. Diese sind in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen geplant.

Die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuerreform stützen sich in dem Gutachten insbesondere auf diese Punkte:

  • Die Bodenrichtwerte sind nicht miteinander vergleichbar.

  • Pauschalierungen wie zum Beispiel die Nettokaltmiete verstoßen gegen das Grundgesetz.

  • Die individuellen Umstände werden nicht berücksichtigt.

  • Es steht noch gar nicht fest, wie hoch die Steuerlast tatsächlich sein wird.

Die Auftraggeber des Gutachtens sprechen sich dafür aus, dass die elf Bundesländer anstelle des Bundesmodells ein Grundsteuersystem wie in Bayern, Hamburg, Hessen oder Niedersachsen wählen sollten. Die dafür notwendigen Daten lägen vor.

Inwieweit der Immobilienbesitzer mit seinem Einspruch von den Bemühungen und Musterklagen der Verbände profitiert, wird die Praxis zeigen. Dass sich bis 2025 etwas an der Rechtslage ändert, ist sehr unwahrscheinlich. Folglich wird die neue Grundsteuer ab 2025 wohl fällig werden.

Außerdem muss eine Klage nicht erfolgreich sein. Hinzu kommt, dass es höchstwahrscheinlich keine rückwirkenden Änderungen geben wird, selbst wenn das Bundesverfassungsgericht irgendwann zu dem Ergebnis kommt, dass die Regelungen verfassungswidrig sind.

Auch bei der Grundsteuer hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2019 festgestellt, dass die Grundsteuer seit mindestens 2002 verfassungswidrig ist. Trotzdem ändert sich bis 2025 nichts.

Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid einlegen

Der endgültige Grundsteuerbescheid mit der neuen Höhe der Grundsteuer dürfte in der zweiten Jahreshälfte 2024 ergehen. Der Immobilienbesitzer sollte dann überprüfen, ob der Grundsteuerwert, die Steuermesszahl und der Grundsteuermessbetrag mit den Daten aus den beiden ersten Bescheiden übereinstimmen.

Außerdem sollte er den Hebesatz der Kommune kontrollieren und sicherheitshalber einmal nachrechnen.

Der Grundsteuerwert wird mit der Steuermesszahl multipliziert und ergibt den Grundsteuermessbetrag. Dieser wird anschließend mit dem örtlichen Hebesatz multipliziert.

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Das Ergebnis entspricht der Höhe der fälligen Grundsteuer pro Jahr. Im Bescheid ist die Grundsteuer dann noch einmal auf vier Raten aufgeteilt, die jeweils zum 15. Februar, Mai, August und November fällig sind.

Hat die Stadt oder Gemeinde die Zahlen korrekt vom Finanzamt übernommen, macht ein Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid wenig Sinn. Denn die Daten hätte der Immobilienbesitzer durch einen Einspruch gegen die beiden ersten Bescheide schon korrigieren lassen müssen.

Aussicht auf Erfolg hat der Widerspruch also nur dann, wenn die Daten falsch übernommen wurden oder die Berechnung nicht stimmt.

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Bernd Schneider, - Finanzwirt, Marina Kozeck, Steuerfach-Angestellte, Joachim Kretschmann, - Finanzberater, sowie Ferya & Christian Gülcan , Unternehmer, Founder und Investoren mit ca. 30 Jahren Erfahrung in gewerblichen Steuerangelegenheiten, Redakteur/in und Betreiber/in dieser Seite, schreiben hier Wissenswertes , Ratgeber und Tipps zum Thema Steuern und Finanzen. Die Inhalte des Informationsangebots, stellen keine Finanzberatung oder Anlageberatung dar - somit ersetzen die Inhalte auch keine persönliche Beratung mit einen Finanzberater oder Steuerberater.

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