Wann ist eine Doppelbesteuerung der Rente möglich? 1. Teil

Wann ist eine Doppelbesteuerung der Rente möglich? 1. Teil – Schon seit Jahren ist die mögliche Doppelbesteuerung von Renten ein Streitthema. Dass eine Doppelbesteuerung verfassungswidrig wäre, steht fest. Wie die Berechnungen erfolgen müssen, war aber lange nicht klar.

Wann ist eine Doppelbesteuerung der Rente möglich 1. Teil

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Ende Mai 2021 hat der Bundesfinanzhof (BFH) in zwei Urteilen die Berechnungsgrundlagen festgelegt, um eine doppelte Besteuerung von Renten zu bestimmen (Az. X R 33/19 und Az. X R 20/19). Daraufhin musste die Politik reagieren. Im Jahr 2022 gab es einen ersten Schritt, um künftig eine Doppelbesteuerung von Renten zu vermeiden.

Im Jahr darauf folgte ein weiterer, lange geplanter Schritt. Allerdings geht die Bundesregierung davon aus, dass diese beiden Schritte nicht ausreichen werden, um alle Fälle abzudecken. Deshalb könnte noch ein zusätzlicher Schritt folgen.

Doch was bedeutet das alles genau? In einem zweiteiligen Beitrag beantworten wir die wichtigsten Fragen zur Doppelbesteuerung von Renten!

Was ist eine doppelte Besteuerung der Rente?

Viele Rentner:innen beschweren sich darüber, dass sie Steuern auf ihre Renten bezahlen müssen, obwohl sie ihre Rentenbeiträge schon während des Berufslebens indirekt versteuert haben. Oft ist dann von einer Doppelbesteuerung die Rede. Ganz so einfach ist es allerdings nicht.

An dieser Stelle sind im Wesentlichen zwei Zahlen relevant:

  • Der steuerfreie Rentenzufluss beziffert den gesamten Anteil der Rente, der bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung steuerfrei bleibt.
  • Die versteuerten Rentenbeiträge sind die Summe aller geleisteten Beiträge an die Rentenversicherung aus dem schon versteuerten Einkommen. Es geht also um die Beiträge, die der Steuerpflichtige eingezahlt hat und steuerlich nicht absetzen konnte.

Von einer Doppelbesteuerung der Rente wird gesprochen, wenn der steuerfreie Rentenzufluss niedriger ist als die versteuerten Rentenbeiträge.

Übertragen auf die Praxis heißt das, dass der Rentner auf einen Teil der Rentenbeiträge, die er bereits versteuert hat, noch einmal Steuern bezahlt.

Wann ist eine Doppelbesteuerung möglich?

Die große Mehrheit der Rentner:innen betrifft die Doppelbesteuerung nicht. Dazu gehören all jene, die wegen ihres geringen Einkommens gar keine Steuern bezahlen. Aber auch für die Ruheständler, die Steuern abführen, ist die Doppelbesteuerung oft kein Thema.

Der Bundesfinanzhof geht davon aus, dass eine Doppelbesteuerung der Rente am ehesten folgende Gruppen betreffen kann:

  • Rentner:innen, die erst seit kurzem Rente beziehen

  • ehemalige Selbstständige, die ihre Beiträge zur Rentenversicherung weitestgehend selbst und ohne steuerfreie Zuschüsse des Arbeitgebers finanziert haben

  • ledige Senioren ohne Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente

  • Männer, weil ihre statistische Lebenserwartung niedriger ist als die von Frauen

Am häufigsten sind ehemals Selbstständige betroffen, weil sie ihre Altersbezüge ohne Arbeitgeberzuschüsse aufbauen mussten. Wer hingegen sein ganzes Arbeitsleben über in einem Angestelltenverhältnis stand, ist eher nicht betroffen.

Wann ist eine Doppelbesteuerung der Rente möglich 1. Teil (1)

Wie kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen?

Die Problematik mit der Doppelbesteuerung hängt damit zusammen, dass das Rentensystem seit 2005 grundlegend umgebaut wird. Bis dorthin zahlten Arbeitnehmer die Rentenversicherungsbeiträge aus dem schon versteuerten Einkommen. Im Gegenzug blieb die spätere Altersrente größtenteils steuerfrei.

Das war die sogenannte vorgelagerte Besteuerung.

Die Pensionen von Beamten wurden im Unterschied dazu schon seit jeher nachgelagert besteuert. In einem Urteil im März 2002 stellte das Bundesverfassungsgericht dann fest, dass die unterschiedliche Besteuerung von Pensionen und Renten nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist.

Deshalb forderte es, dass das Rentensystem wie bei Pensionären auf die nachgelagerte Besteuerung umgebaut wird (Az. 2 BvL 17/99).

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Dieser Umbau ist durch das Alterseinkünftegesetz geregelt. Er geschieht aber nicht auf einmal, sondern in vielen kleinen Schritten seit 2005 bis 2040. Vermutlich wird der Umbau sogar bis 2058 dauern.

Seit 2005 erhöht sich einerseits der Anteil der steuerpflichtigen Rente, andererseits steigt der Anteil der Rentenversicherungsbeiträge, die als Vorsorgeaufwendung steuerlich absetzbar sind.

Wer 2005 in Rente ging, musste 50 Prozent seiner Rente versteuern. Bis 2020 stieg der steuerpflichtige Rentenanteil dann jedes Jahr um zwei Prozentpunkte, ab 2021 um einen Prozentpunkt.

Wer 2024 Rentner wird, muss deshalb 84 Prozent der Rente versteuern. Im Jahr 2040 sind den ursprünglichen Plänen zufolge dann die 100 Prozent erreicht und die Rente wird vollständig steuerpflichtig.

Im Koalitionsvertrag hat die Ampel-Regierung vereinbart, dass die geplanten Prozentzahlen im Wachstumschancengesetz korrigiert werden sollen. Demnach soll der steuerpflichtige Rentenanteil ab 2022 nicht mehr um einen Prozentpunkt, sondern nur um einen halben Prozentsatz steigen.

Das hätte zur Folge, dass die Rente erst ab dem Jahr 2058 zu 100 Prozent steuerpflichtig wird. Noch ist der Gesetzentwurf aber nicht verabschiedet.

Wie der steuerpflichtige Rentenanteil erhöht sich auch die Absetzbarkeit der Rentenbeiträge stetig. Sie orientiert sich aber nicht an dem Jahr, in dem jemand in Rente geht. Stattdessen sind die Werte für alle gleich. 2005 konnten 60 Prozent der Beiträge an die Rentenversicherung steuerlich geltend gemacht werden, zehn Jahre später waren es schon 80 Prozent.

Die ursprünglichen Pläne sahen vor, dass die Anhebung in 2-Prozent-Schritten erfolgt und im Jahr 2025 die vollen 100 Prozent erreicht. Mit dem Jahressteuergesetz 2022 hat die Regierung die Pläne aber vorgezogen. Dadurch sind Vorsorgeaufwendungen schon ab 2023 zu 100 Prozent von der Steuer absetzbar.

Mit Blick auf das Thema Doppelbesteuerung spielt außerdem eine Rolle, dass das Rentenalter ab 2007 schrittweise gestiegen ist. Die Anhebung hat zur Folge, dass Steuerpflichtige länger Beiträge in die Rentenkasse einzahlen, bei gleicher durchschnittlicher Lebenserwartung aber kürzer Rente beziehen.

Welche Änderungen hat die Regierung auf den Weg gebracht?

Es gab schon 2007 Hinweise darauf, dass das umgebaute Rentensystem in Kombination mit einem höheren Renteneintrittsalter in Einzelfällen eine Doppelbesteuerung der Rente zur Folge haben kann. Akuten Handlungsbedarf erkannte die Politik aber erst durch die Urteile des Bundesfinanzhofs.

Im Koalitionsvertrag vereinbarte die Ampel-Regierung deshalb zwei Schritte:

  1. Rentenbeiträge sollen schon ab 2023 zu 100 Prozent steuerlich absetzbar sein, und nicht wie ursprünglich geplant ab 2025.

  2. Der steuerpflichtige Rentenanteil soll nur noch um 0,5 Prozent steigen, sodass die Vollbesteuerung der Renten erst 2058 erreicht sein wird.

Der erste Punkt ist bereits erledigt, der zweite Punkt ist in Bearbeitung. Vor allem die Verschiebung des steuerpflichtigen Anteils der Rente hat einen positiven Effekt.

Denn je höher der steuerfreie Rentenanteil ist, desto unwahrscheinlicher wird, dass der gesamte steuerfreie Rentenzufluss die bereits versteuerten Rentenbeiträge übersteigt. Eine Doppelbesteuerung der Rente würde dadurch deutlich seltener vorkommen.

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Bernd Schneider, - Finanzwirt, Marina Kozeck, Steuerfach-Angestellte, Joachim Kretschmann, - Finanzberater, sowie Ferya & Christian Gülcan , Unternehmer, Founder und Investoren mit ca. 30 Jahren Erfahrung in gewerblichen Steuerangelegenheiten, Redakteur/in und Betreiber/in dieser Seite, schreiben hier Wissenswertes , Ratgeber und Tipps zum Thema Steuern und Finanzen. Die Inhalte des Informationsangebots, stellen keine Finanzberatung oder Anlageberatung dar - somit ersetzen die Inhalte auch keine persönliche Beratung mit einen Finanzberater oder Steuerberater.

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