Keine Kirchensteuern mehr: FAQ zum Kirchenaustritt, Teil 2
Jedes Jahr entschließen sich Zehntausende dazu, ihrer Religionsgemeinschaft den Rücken zu kehren. Und dabei sind die Gründe sehr unterschiedlich. Mal ist es die Unzufriedenheit mit der Kirche als Institution, mal ist der Glaube nicht mehr da, in anderen Fällen ist ein Konfessionswechsel geplant oder der Austritt hat einen anderen, ganz persönlichen Grund.
Sehr oft ist es aber auch die Kirchensteuer, die zum Kirchenaustritt veranlasst.
Nun ist die Sache mit dem Austritt aus der Kirche aber ein bisschen komplizierter. Denn eigentlich sind in Deutschland die Kirche und der Staat voneinander getrennt.
Nur wird die Kirchensteuer gerade nicht von der Kirche, sondern vom Staat erhoben. Und um die Formalitäten beim Austritt aus der Kirche kümmert sich eine staatliche Behörde.
Um für etwas Klarheit zu sorgen, haben wir einen zweiteiligen Beitrag mit den FAQ zum Kirchenaustritt zusammengestellt.
Dabei haben wir in Teil 1 beantwortet, wo der Steuerzahler seinen Kirchenaustritt erklären muss, welche Unterlagen notwendig sind, ab welchem Alter ein Austritt aus der Kirche möglich ist, welche Rolle die Nationalität spielt und welche Kosten beim Kirchenaustritt anfallen.
Jetzt geht’s weiter mit Teil 2!:
Inhalt
Wer wird über den Kirchenaustritt informiert?
Nachdem der Steuerzahler seinen Kirchenaustritt erklärt hat, meldet das Amtsgericht oder Standesamt den Vorgang an
-
die Kirche oder Religionsgemeinschaft des Steuerzahlers,
-
das Einwohnermeldeamt,
-
das für den Steuerzahler zuständige Finanzamt und
-
auf Wunsch des Steuerzahlers auch an das oder die Standesämter, die das Geburtenregister und das Ehe- oder Lebenspartnerschaftsregister führen.
Ist die Meldung beim Finanzamt eingegangen, wird die Religionszugehörigkeit auf der elektronischen Lohnsteuerkarte gestrichen. Für den Steuerzahler hat das zur Folge, dass von seinem Lohn oder Gehalt in Zukunft keine Kirchensteuern mehr einbehalten werden.
Auch die Kirchensteuern, die auf Kapitalerträge und in einigen Regionen auf Grundbesitz erhoben werden, muss der Steuerzahler nicht mehr bezahlen.
Obwohl die Änderung des Kirchensteuermerkmals in aller Regel automatisch erfolgt, sollte der Steuerzahler aber sicherheitshalber auf seinem Lohnzettel und den Kontoauszügen nachschauen.
Falls die Kirchensteuer weiterhin einbehalten wird, sollte er sich an das zuständige Finanzamt wenden. Dort kann er beantragen, dass das Kirchensteuermerkmal geändert wird.
Warum sollte sich der Steuerzahler unbedingt eine Austrittsbescheinigung geben lassen?
Erklärt der Steuerzahler seinen Austritt aus der Kirche, muss er im Amtsgericht oder Standesamt ein Formular ausfüllen und unterschreiben. Anschließend bezahlt er noch die Gebühren. Damit ist die Sache eigentlich erledigt.
Wichtig ist aber, dass sich der Steuerzahler eine Austrittsbescheinigung geben lässt. Teilweise wird die Austrittsbescheinigung nicht automatisch erstellt, sondern nur auf Antrag des Steuerzahlers.
Und manchmal werden für die Bescheinigung zusätzliche Gebühren fällig. Je nach Behörde bekommt der Steuerzahler die Bescheinigung gleich mit, ansonsten wird sie ihm per Post zugeschickt.
Die Austrittsbescheinigung ist der Beleg dafür, dass der Steuerzahler aus der Kirche ausgetreten ist. Das ist deshalb wichtig, weil einige Religionsgemeinschaften den Kirchenaustritt anzweifeln. Außerdem ist gut möglich, dass der Steuerzahler die Bescheinigung später braucht.
Zieht er zum Beispiel um, kann es nämlich passieren, dass auf einmal wieder Kirchensteuern abgezogen werden. In dieser Situation ist der Steuerzahler in der Beweispflicht.
Hat er keine Austrittsbescheinigung als Nachweis für seinen Kirchenaustritt, muss er entweder noch einmal aus der Kirche austreten. Oder er muss die Kirchensteuern bezahlen, und das im schlimmsten Fall rückwirkend für die vergangenen sechs Jahre.
Wann endet die Kirchensteuerpflicht?
Wie schnell der Austritt aus der Kirche wirksam wird, hängt vom Bundesland ab. In einigen Bundesländern endet die Kirchensteuerpflicht mit dem Monat, in dem der Steuerzahler aus der Kirche ausgetreten ist.
In anderen Bundesländern entfällt die Kirchensteuerpflicht im nächsten oder übernächsten Monat, der auf den Kirchenaustritt folgt. Spätestens dann ist die Kirchensteuer aber Geschichte.
Und:
An die Stelle der Kirchensteuer tritt keine Ersatzabgabe. Der Steuerzahler muss als Ausgleich für die Kirchensteuer also keine andere Steuer bezahlen. Wenn er aus der Kirche austritt, entfällt die Abgabe ersatzlos.
Welche Folgen hat der Kirchenaustritt?
In Deutschland gilt die Trennung zwischen Staat und Kirche. Gleichzeitig ist der Staat, was die Weltanschauung angeht, neutral. Deshalb will und kann er den Religionsgemeinschaften nicht vorschreiben, wen diese zu ihren Mitgliedern zählen und wen nicht. Das entscheiden die Kirchen selbst.
Sobald die Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft rechtsstaatliche Folgen mit sich bringt, ist der Staat aber wieder gefragt.
Diese Folgen betreffen in erster Linie die Pflicht, Kirchensteuern zu bezahlen. Sie beziehen sich aber zum Beispiel auch auf die verpflichtende Teilnahme am Religionsunterricht in der Schule.
Das Grundgesetz (GG) legt in Art. 4 die Religionsfreiheit fest. Sie beinhaltet einerseits das Grundrecht, dass sich der Steuerzahler einer Religion seiner Wahl anschließend kann.
Doch andererseits bedeutet Religionsfreiheit auch, dass der Steuerzahler genauso ein Grundrecht darauf hat, einer Religionsgemeinschaft gerade nicht anzugehören. Ergänzend greifen noch die Regelungen aus Art. 140 GG.
Allerdings sehen nicht alle Kirchen überhaupt einen Austritt vor. Deshalb muss der Staat einen Kirchenaustritt ermöglichen, der zumindest den rechtsstaatlichen Bereich abdeckt.
Sonst wäre die (negative) Religionsfreiheit, die im Grundgesetz verankert ist, nicht gewährleistet. Aus diesem Grund gibt es in allen Bundesländern Kirchenaustrittsgesetze.
Der Austritt aus der Kirche bewirkt also, dass die staatlichen Rechtsfolgen für den Steuerzahler entfallen. Deshalb ist er zum Beispiel nicht mehr kirchensteuerpflichtig.
Wie die Kirche selbst den Austritt handhabt, bleibt ihr überlassen. Sie alleine entscheidet darüber, ob sie den Austritt anerkennt und welche Konsequenzen das für den Steuerzahler hat.
Allerdings kann der Kirchenaustritt arbeitsrechtliche Folgen haben. Nämlich dann, wenn der Arbeitgeber des Steuerzahlers ein kirchlicher Träger ist.
Denn in vielen Fällen setzen kirchliche Arbeitgeber die Zugehörigkeit zu einer entsprechenden Religionsgemeinschaft voraus. Tritt der Arbeitnehmer aus der Kirche aus, kann das deshalb auch zum Ende des Arbeitsverhältnisses führen.
Mehr Steuertipps, Ratgeber und Anleitungen:
- Keine Kirchensteuern mehr: FAQ zum Kirchenaustritt, Teil 1
- Weiterbildungskosten absetzen – Infos und Tipps, Teil 2
- Weiterbildungskosten absetzen – Infos und Tipps, Teil 1
- Die Kosten für die Steuerberatung absetzen
- 5 Fragen zur Steuererklärung für Rentner
- Welche Änderungen 2019 in Sachen Steuern mit sich bringt
- Infos und Tipps zu den Zinsen auf die Einkommensteuer, 2. Teil
- Infos und Tipps zu den Zinsen auf die Einkommensteuer, 1. Teil
Thema: Keine Kirchensteuern mehr: FAQ zum Kirchenaustritt, Teil 2
Übersicht:
Fachartikel
Verzeichnis
Über uns
- Welche Vor- und Nachteile hat ein Steuerberater? - 18. September 2024
- So viel verdient der Staat an der Glücksspielsteuer - 17. August 2024
- Bei diesen Dingen lohnt sich der Versuch, sie steuerlich abzusetzen - 23. Juli 2024