Keine Kirchensteuern mehr: FAQ zum Kirchenaustritt, Teil 1

Keine Kirchensteuern mehr: FAQ zum Kirchenaustritt, Teil 1

Wer sich dazu entschließt, aus der Kirche auszutreten, kann verschiedene Gründe dafür haben. So ist der eine mit der Kirche als Institution unzufrieden, der andere hat den Glauben verloren. Wieder ein anderer möchte die Konfession wechseln oder hat einen ganz anderen, individuellen Grund.

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Keine Kirchensteuern mehr FAQ zum Kirchenaustritt, Teil 1

Oft ist es aber auch die Kirchensteuer, die so manchen dazu veranlasst, der Religionsgemeinschaft den Rücken zu kehren.

Doch spätestens, wenn die Entscheidung konkrete Formen annimmt, stellt sich die Frage, wie die Sache mit dem Kirchenaustritt eigentlich funktioniert. Denn der Steuerzahler möchte zwar aus der Kirche austreten, aber die Kirchensteuern erhebt ja der Staat.

Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, beantworten wir deshalb in einem zweiteiligen Beitrag die FAQ zum Kirchenaustritt:

Wo wird der Kirchenaustritt erklärt?

In Deutschland gilt eigentlich die Trennung von Kirche und Staat. Möchte der Steuerzahler aus der Kirche austreten, muss er das aber vor einer staatlichen Behörde erklären.

Welche Behörde zuständig ist, hängt davon ab, in welchem Bundesland der Steuerzahler wohnt:

  • In Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen kümmert sich das örtliche Amtsgericht um Kirchenaustritte.

  • In Bremen kann sich der Steuerzahler aussuchen, ob er seinen Austritt vor dem Standesamt oder bei einer kirchlichen Stelle erklärt.

  • In allen anderen Bundesländern ist das Standesamt für Kirchenaustritte zuständig.

Um seine Erklärung abzugeben, muss der Steuerzahler persönlich zum Amtsgericht oder Standesamt gehen. Das kann er während der normalen Bürozeiten erledigen, einen Termin muss er nicht vereinbaren.

Ein Formular, das sich der Steuerzahler bei der zuständigen Stelle besorgen oder aus dem Internet herunterladen kann, existiert nicht. Ebenso ist nicht möglich, ein Schreiben aufzusetzen. Der Kirchenaustritt kann nämlich nicht schriftlich erklärt werden. Der Steuerzahler muss persönlich erscheinen.

Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn es dem Steuerzahler beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen unmöglich ist, die Angelegenheit persönlich vor Ort zu erledigen. In diesem Fall kann er einen Notar einschalten, der eine schriftliche Austrittserklärung erstellt und beglaubigt. Ohne die notarielle Beglaubigung wird die Erklärung nicht anerkannt.

Welche Unterlagen sind für einen Kirchenaustritt erforderlich?

Der Steuerzahler braucht zunächst einmal einen gültigen Personalausweis oder Reisepass. Der Beamte am Amtsgericht oder im Standesamt gibt dem Steuerzahler dann ein Formular, das der Steuerzahler zum Teil noch um ein paar Angaben ergänzen und anschließend unterschreiben muss. Begründen muss der Steuerzahler seinen Kirchenaustritt nicht.

Ist der Steuerzahler verheiratet, geschieden oder verwitwet, muss er in einigen Bundesländern das Familienstammbuch vorlegen. Die geänderten Daten kann der Beamte dadurch an das Standesamt weiterleiten, vor dem die Ehe seinerzeit geschlossen wurde.

Eintragungen direkt in das Familienstammbuch werden aber nur auf ausdrücklichen Wunsch des Steuerzahlers vorgenommen.

Abgesehen vom Ausweis und dem Stammbuch, braucht der Steuerzahler keine weiteren Dokumente. Auch Unterlagen wie der Taufschein oder die Konfirmationsurkunde sind nicht erforderlich. Denn der Steuerzahler erklärt den Austritt vor dem Staat – und nicht vor der Kirche.

Trotzdem fragt der Beamte möglicherweise, wo der Steuerzahler getauft wurde. Hier sollte der Steuerzahler in seinem eigenen Interesse wahrheitsgemäße Angaben machen. Der Kirchenaustritt kann dann nämlich auch im Kirchenregister des Tauforts vermerkt werden.

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Ab welchem Alter ist ein Kirchenaustritt möglich?

Volljährigkeit ist keine Voraussetzung für einen Kirchenaustritt. Denn religionsmündig ist eine Person aus Sicht der Kirche schon ab dem 14. Lebensjahr. Folglich kann ein Minderjähriger ab diesem Zeitpunkt eigenständig aus der Kirche austreten. Ob seine Eltern mit dem Kirchenaustritt einverstanden sind oder nicht, spielt keine Rolle.

Ist ein Kind zwischen 12 und 14 Jahre alt, kann es erklären, dass es aus der Kirche austreten will. Seine gesetzlichen Vertreter, also meist die Eltern, müssen das Kind aber zum Amtsgericht oder Standesamt begleiten.

Andersherum können die Eltern nicht mehr für das Kind über einen Kirchenaustritt bestimmen. Möchten sie, dass ihr Kind aus der Kirche austritt, muss das Kind dies selbst erklären.

Bis zum 12. Lebensjahr liegt die Entscheidung darüber, ob ein Kind Mitglied einer Religionsgemeinschaft wird und bleibt, allein bei den Erziehungsberechtigten.

Was ist, wenn der Steuerzahler kein deutscher Staatsbürger ist?

Ob der Steuerzahler einen deutschen Pass hat oder ob nicht, spielt bei einem Austritt aus der Kirche keine Rolle. Das Verfahren bleibt gleich. Denn entscheidend ist nicht die Staatsangehörigkeit.

Was zählt ist, dass der Steuerzahler einen Wohnsitz in Deutschland hat und hierzulande Kirchensteuern bezahlt. Beim Amtsgericht oder Standesamt legt der Steuerzahler dann einfach seinen ausländischen Ausweis oder Pass vor.

Deutlich schwieriger gestaltet sich ein Kirchenaustritt, wenn eine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit im Ausland wohnt. Hat sie keinen Wohnsitz in Deutschland, muss sie auch keine Kirchensteuern bezahlen. Aber weil die Person nicht kirchensteuerpflichtig ist, kann sie auch nicht aus der Kirche austreten.

Das wäre nur möglich, wenn die Person kurzfristig einen Wohnsitz in Deutschland anmeldet, aus der Kirche austritt und sich dann wieder abmeldet.

Ist der Kirchenaustritt kostenpflichtig?

Erklärt der Steuerzahler seinen Austritt aus der Kirche, muss er in fast allen Bundesländern eine Gebühr bezahlen. Die einzige Ausnahme ist Brandenburg.

Hier kostet der Kirchenaustritt nichts. In Bremen bleibt der Austritt kostenfrei, wenn sich der Steuerzahler an eine kirchliche Stelle wendet. Ansonsten bewegen sich die Gebühren, je nach Bundesland, in einem Rahmen zwischen 5,50 Euro und 75 Euro.

Neben den eigentlichen Verwaltungsgebühren kann noch eine zusätzliche Gebühr anfallen, wenn der Steuerzahler eine Austrittsbescheinigung haben möchte. Diese sollte sich der Steuerzahler auch unbedingt ausstellen lassen. Selbst wenn der Kirchenaustritt dadurch noch teurer wird. Doch die Bescheinigung kann bei einem Umzug sehr wichtig werden.

Die Austrittsgebühren werden oft kritisiert. So wird argumentiert, dass der Verwaltungsaufwand bei einem Kirchenaustritt nicht so hoch ist, dass derart teure Entgelte begründet wären.

Die Gebühren würden eher dazu dienen, einen Kirchenaustritt zu erschweren. Denn Personen, die nur ein geringes Einkommen haben und folglich gar keine Kirchensteuern bezahlen, können sich den Austritt wegen der hohen Kosten vielleicht gar nicht leisten.

Das Bundesverfassungsgericht hat aber klargestellt, dass die Gebühren zulässig sind. Die Richter erklärten, dass ein Kirchenaustritt ein staatliches Verwaltungsverfahren in Gang setzt.

Dieses ist erforderlich, weil die Kirchensteuern nicht von der Kirche, sondern vom Staat erhoben werden. Zudem verlangen viele Kommunen keine oder nur ermäßigte Gebühren, wenn ein Antragsteller bedürftig ist (Urteil vom 02.07.08, Az. 1 BvR 3006/07).

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bezieht sich zwar auf Nordrhein-Westfalen, ist aber bundesweit übertragbar. Für den Steuerzahler heißt das, dass ihm nichts anderes übrig bleibt, als in den sauren Apfel zu beißen und die Austrittsgebühr zu bezahlen. Aber dafür fallen künftig ja die Kirchensteuern weg.

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